Borsigwalde.eu - BORSIGWALDE - DAMALS UND HEUTE

                                             Borsigwalde 1933-1945

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                                                                  Schubartstraße 55

               

Dieses Haus wurde 1905 von Georg Mai erbaut. Währen des 2. Weltkrieges wohnte im Hinterhaus der Bauarbeiter Fritz (Friedrich) Lüben, der von 1941 - 1943 Mitglied der Wiederstandsgruppe "Mannhart" war, deren 20 - 25 Mitglieder hauptsächlich im Werk Rheinmetall-Borsig in Tegel arbeiten. Die Mitglieder der Wiederstandsgruppe wohnten zumeist in Borsigwalde und trafen sich regelmäßig in der Wohnung von Fritz Lüben in der dortigen Schubartstraße 55, wo sich die ersten Jahre nach dem 2. Weltkrieg bereits eine Gedenktafel befand, die aber im Zuge einer Hausrenovierung entfernt wurde. Die Gruppe war überparteilich; verschiedene Konfessionen und parteipolitisch Übezeugungen vereinigten sich im Kampf gegen die nationalsozialistische Gewaltherrschaft. Gemeinsam hörten die Mitglieder ausländische Sender ab, was damals bei Todesstrafe verboten war. Gemeinsam verfassten sie Flugblätter in deutscher, französischer ud russischer Sprache, vervielfältigen und verteilten sie. In den Flugblättern versuchten sie die Sinnlosigkeit des Krieges darzustellen. Sie veröffentlichten darin die Zahlen der auf allen Seiten gefallenen Soldaten und der Verwundeten, die Höhe der Kriegskosten, Art und Zahl von Kriegsverbrechen. Darüber hinaus führten sie Sabotageaktionen bei Borsig durch, das damals Rüstungsbetrieb war. Das reichte vom Krankfeiern bis zur Blokieren von Maschienen, zur Herstellung minderwertiger Zementmischungen und zum Bau zu schwacher Betonfundamente für die Aufstellung von Maschinen. Bei all diesen Aktionen, insbesondere auch für das Verteilen von Flugblättern und die Weitergabe von Parolen, wirkte sich günstig aus, das ein großer Teil der Wiederstandskämpfer einen Mobilen Bautrupp bei Borsig bildete und so praktisch zu allen Werkshallen Zutritt hatte. Im Herbst 1943 wurden zwölf Mitglider der "Mannhart"-Gruppe verhaftet. Das war das Ende des Wiederstandes bei Borsig. Die Verhafteten wurden in die Untersuchungsgefängnisse am Alexandreplatz und in Moabit gebracht und zum Teil unter Anwendung von Foltermethoden verhört. Es fanden insgesamt drei Verhandlungen vor dem Volksgerichtshof statt, eine davon unter Vorsitz seines berüchtigten Präsidenten Roland Freisler. Betriebsratmitglieder von Borsig haben damals in den Verhandlungen ihre Kollegen mutig verteidigt. Vier der Angeklagten, die die Führungsspitze der Wiederstandsgruppe gebildet hatten, darunter Fritz Lüben, wurden zum Tode verurteilt und am 25. September 1944 in Brandenburg hingerichtet. Sechs wurden zu Zuchthausstrafen verurteilt und im April 1945 von den Russen aus dem Zuchthaus Brandenburg befreit. Zwei wurden freigesprochen.       Fritz Lüben Foto  

Quelle: Borsigwalde- einst und jetzt - Wohnen und Industrie - von Klaus Schlickeiser

Eine neue Gedenktafel vor dem Haus Schubartstraße 55, die am 13. Juni 1989 eingeweiht wurde, erinnert an die mutigen Wiederstandskämpfer der Mannhart Gruppe                  Die Gedenktafel                                                  

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                                                    Die Alkett Panzerwerke Borsigwalde 1943

    Nach dem Angriff auf die Alkett Panzerwerke, die Aufräumarbeiten.                             Borsigwalder Frauen sortieren Schrauben

              

In Borsigwalde befanden sich die Alkett Panzerwerke. Die Alkett-Fabrik (Altmärkische Kettenwerk AG, Verwaltungsgebäude: Breitenbachstraße 36) stellte ab 1937 auf dem vormaligen Gelände der 1928 in Konkurs gegangenen Rota-Waggon- und Maschinenbau GmbH ausschließlich Panzerfahrzeuge und Sturmgeschütze her. Die Firma Alkett hatte durch Bombenangriffe am 23. und 26. November 1943 in ihrem Werk in Borsigwalde schwere Schäden erlitten. Infolge der Bombenabwürfe auf kriegswichtige Einrichtungen wurden viele Betriebe in das Umland verlagert. Den heranrückenden sowjetischen Verbänden versuchte man mit dem „Volkssturm“ zu begegnen, wobei der Nordgraben als „Äußere Verteidigungslinie“ ausgewiesen wurde. Die deutschen Soldaten setzten, wie Zeitzeugen berichten, den heranrückenden sowjetischen Verbänden nur geringen Widerstand entgegen: Zahlreiche Männer flohen, andere kämpften und wurden gefangengenommen. Die Sperre am Nordgraben wurde von den Panzern problemlos überrollt,am 23 April 1945 nahmen sowjetische Verbände Borsigwalde ein.                                                                                   Quelle:Reinickendorf im Wandel der Geschichte

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                                                        "Borsigwalder Bierhallen" um 1930

       

 Ein Borsigwalder erzählt: "Nach Hitlers Machtantritt gingen viele Kommunisten reihenweise zu den Nazis über. Wer bisher als großer Kommunist aufgetreten war, trat nun in eine NS-Organisation ein. Damals vergab man Arbeit nur an solche Arbeitslosen, die Mitglieder der NSBO, (Nationalsozialistische Betriebszellen-Organisation) Vorläufer der Deutschen Arbeitsfront waren. In dem Lokal "Borsigwalder Bierhallen" hat man eine Stelle eingerichtet, die neue Mitglieder in die NSBO aufnahm. Die Leute standen bis draußen Schlange, um aufgenommen zu werden. Auch Leute, die um 1920 in der linksradikalen USPD gewesen oder die als Betriebsräte tätig waren, waren darunter. Ihnen war alles egal, die Hauptsache war, sie bekamen endlich Arbeit"

In dem 1934 erschienenen"Gesamtadressenwerk der NSDAP-Geschäftsstellen"
wird das Restaurant als nationalsozialisches "Sturmlokal" aufgeführt,
also als Stützpunkt der SA

Quelle: Borsigwalde- einst und jetzt - Wohnen und Industrie - von Klaus Schlickeiser

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                                           Die Ruine vom Kinderheim 1943 (1916 - 1943)

    

Am 26. November 1943 wurde das Heim durch Brandbomben zerstört. Pfarrer Bayerhaus berichtet: "ich habe als zuständiger Luftschutzwart vergeblich versucht, den Brand des Dachgeschosses von einer Leiter aus mit einem Schaum-Feuerlöscher zu bekämpfen. Mit Obst aus dem Pfarrgarten überredete ich einige vorbeikommende ausländische Zwangsarbeiter (damals "Fremdarbeiter" genannt), mit mir die Möbel des Kindergartens aus dem Erdgeschoß hinauszutragen und so zu retten. Nach der zerstörung des Heimes stellte ich das Erdgeschoß des Pfarrhauses für die Fortführung des Kindergartens zur Verfügung" Die Ruine des Kinderheims wurde nach Kriegsende abgetragen. Der Kiefernwald wurde teilweise zum Bau von Panzersperren gefällt, die im April 1945 die sich nähernden sowjetischen Truppen aufhalten sollten. Der Rest der Bäume wurde von der Bevölkerung als Brennmaterial abgeholzt. Auch der das ganze Grundstück umgebende Bretterzaun wurde von den Einwohnern verheizt.

Quelle: Borsigwalde- einst und jetzt - Wohnen und Industrie - von Klaus Schlickeiser

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                 Das Borsigwerk nach dem Bombenangriff der Amerikaner vom 18.03.1945

          

           

          

Ein amerikanischer Bombenangriff vom 18. März 1945 kurz vor Ende des II. Weltkrieges hat verheerenden Schäden angerichtet, so dass die Borsig Betriebsstätten zu 80 Prozent zerstört wurden.

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                                            Borsigwalder Notfriedhof 

          

Auf dem Notfriedhof neben der Kirche in der Tietzstraße wurden im April 1945 die bei den Kämpfen um Borsigwalde umgekommende Einwohner und auch die jenigen, die sich unmittelbar vor dem Einmarsch der Russen oder kurz danach selbst getötet hatten, beerdigt. Die Toten waren zunächst in der Ruine des Kinderheimes aufgereit worden. Dann wurde ein langes Sammelgrab ausgehoben, in den die Toten ohne Särge bestattet wurden.Auch einzelne Personen die im Laufe des Sommers 1945 starben, wurden hier noch beigesetzt.Aus dem kirchlichen Sterberegister ergeben sich folgende Einzelheiten über den Tod der zuletzt beerdigten Personen:

                                                

Am 23. April 1945 fiel in Borsigwalde der aus Kattowitz stammende Obergefreite Gustav Gröbke. Am selben Tag wurde der Hilfsarbeiter Arthur Seipold im Keller seines Hauses in der Schubartstraße 70 erschossen. Der Heimatflaksoldat Erich Leutner aus Berlin erlag seinen Kampfverwundungen, und es fielen der Werkschutzmann Paul Kleiner aus der Räuschstraße 9 sowie ein unbekannt gebliebener Werkschutzmann. Am selben Tage erschossen sich die Eheleute Hermann und Emmi Schröteraus der Triftstraße 52 und die Eheleute Erich und Helene Gruner aus der Schubartstraße 33. Der Vorzeichner Emil Kersten aus dem Borsigwalder Weg 3 fiel durch Beschuß während der Kampfhandlungen.

Am nächsten Tag erschoß der stellvertretende Alkett-Direktor Helmut Grave seine Ehefrau Elisabeth und sich selbst; ferner tötet der Zollinspektor Kurt Erdmann aus der Ernststraße 96 seine Ehefrau Anneliese und seine Kinder Jürgen und Barbara und erschoß sich selbst. Es erhängten sich die Laborantin Ortraut Kaiser und Karl Konzack, beide aus der Ernststraße 24.

Am 25. April 1945 wurde der elfjährige Horst Liebricht beim Spielen von einem explodierenden Sprengkörper zerissen. Am selben Tag wurde die Witwe Berta Berend aus der Räuschstraße 57 erschossen, und der Fischhändler Max Neldner aus der Nordlichtstraße in Reinickendorf wurde mit Kopfschuß in seiner Garage aufgefunden.

Am 26. April 1945 verstarb der zwei Monate alte Günther Reichardt aus der Ernststraße 95 an einer Ernährungsstörung.

Am 28. April 1945 verstarb der Rentner Friedrich Hirt aus der Kolonie Gartenfreunde.

Am nächsten Tag verstarb der Volkssturmmann Oskar Kath aus der Schubartstraße 43 an Gasbrand infolge einer Granatsplitterverletzung.

Am 30. April 1945 wurde der am 22. April infolge eines Brustdurchschusses am Nordgraben gefallene Volkssturmmann Fritz Dönau aus der Ernstraße 20 und der am selben oder am folgenden Tage infolge einer Granatsplitterverletzung im Oberschenkel ebenfalls gefallene Volkssturmmann Phillip Halkenhäuser aus der Miraustraße 63b auf dem Notfreidhof umgebettet.  Am selben Tag wurde der Kupferschmied Fritz Kasche in der Wohnung seines Vaters in der Ernststraße 66 erschossen. Auch die am selben Tage an Astma verstorbene Witwe Marie Lewerenz wurde auf dem Notfriedhof beigesetzt.

Am 1. Mai 1945 erlag der in den Alkett-Werken als "Gefolgschaftbetreuer" tätig gewesene Bruno Wolter aus der Holzhauserstraße 72  seiner am 23. April in der Bollestraße erlittenen Verwundung , ebenso der Lehrlingsmeister Erich Berke aus der Ernststraße 92a . Die Witwe Ida Hentschel starb an "Altersschwäche".

Am 3. Mai 1945 starb die Witwe Elisabeth Müller aus der Schubartstraße 74 an Rippenfellvereiterung und am 9. Mai der Maler Karl-Heinz Cicholewski aus der Schubartstraße 39 an Gehirntuberkulose.

Am 6. Mai 1945 konnte der am 23. April beim Volkssturm gefallene Borsig-Angestellte Willi Freyberg aus der Schlieperstraße 25 und am 11. Mai 1945 der von den Russen festgenommene und am 23. April erschossen aufgefundene Direktor des Kraftpostwerkes, Günter Thilo, auf dem Notfriedhof beerdigt werden.                                                Quelle: Borsigwalde- einst und jetzt - Wohnen und Industrie - von Klaus Schlickeiser

                      

           

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